Dieses Interview entsand im Auftrag der Zeitschrift NUN aus Deutschland im Februar 2008.

MeloZeitschrift NUN: Kannst Du unseren Lesern etwas über Deine berufliche Biographie erzählen?

StyleIslam
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Angefangen hat alles, als ich mit 14 Jahren Fassaden und Züge mit meinen Graffitis «verzierte». Nach einer, etwa 2-jährigen, «Praktikumsdauer» als Straßenkünstler ist mein älterer Bruder Ufuk mir auf die Schliche gekommen. Durch seine Freunde hat er erfahren, dass sein minderjähriger Bruder sich, auf dem semilegalen Boden einer modernen, kontrovers diskutierten und äußerst provokativen Kunstform, Aufmerksamkeit auf sich zog. Um seinen noch minderjährigen Bruder vor einer kriminellen Künstlerlaufbahn zu schützen, entschied er sich ihm eine Alternative anzubieten. Die Alternative hieß: «Airbrush-Pistole». So konnte ich meine Kreativität auf legale Weise zeigen. Ich fing mit Graffiti-Motiven auf T-Shirts an. Verwandte, Freunde und Vereine waren meine ersten Kunden. Ich war zu diesem Zeitpunkt 16, als ich Graffitis, also Streetstyle, auf Textilien abbildete. Dies könnte man als den ersten Schritt in meine spätere berufliche Karriere bezeichnen.

Make Çay not WarNUN: Seit wann gibt es StyleIslam?

StyleIslam: Die Idee für StyleIslam entstand vor circa 3 Jahren, als ich beruflich in London war. Doch bis ich meine ersten Vorstellungen von StyleIslam-Produkten skizziert hatte, verging noch etwas Zeit.

NUN: Wie entstand die Idee für StyleIslam?

StyleIslam: Die Inspiration zu StyleIslam kam nicht durch einen Geistesblitz. Vielmehr war es eine stetige Entwicklung über einen gewissen Zeitraum. Man hat halt erst Erfahrungen gesammelt, sowohl gute als auch schlechte. Einige davon waren natürlich sehr prägend. Insbesondere das Ereignis am 11. September hat mich besonders geprägt. Der permanente Druck auf die Muslime, die kontinuierlich betriebene Antipropaganda gegen den Islam und deren gesellschaftliche Auswirkung auf hiesige muslimische Jugendliche, haben mich dazu bewegt etwas für die Identität dieser Gruppe von Menschen zu machen. Ich spürte in mir den Drang, durch moderne, zeitgenössische und künstlerische Art etwas zu tun. Der Aufenthalt in London hat mich dabei sehr beeinflusst, weil ich den natürlichen Umgang der Muslime in London mit ihrer Religion beobachten konnte, das hat mich damals sehr beeindruckt.  Diesen Umgang mit der eigenen Religion konnte ich bei den Jugendlichen in Deutschland nicht beobachten. Die Muslime in London sind trotz Integration Muslime geblieben. Dies löste bei mir den Wow-Effekt aus und mir ging ein Licht auf. Die muslimischen Kids in kontinental Europa brauchen einen eigenen Style, mit dem sie sich identifizieren können und nicht als Muslime sich verstecken müssen. Quasi, als kreativer Widerstand gegen mediale Anfeindungen und zum selbstbewussten Umgang mit der muslimischen Identität, die nach Außen getragen werden soll.

Melo

NUN: Mit welchen Medien und Techniken arbeitest Du?

StyleIslam: Wir sind in diesem Bereich sehr flexibel und arbeiten mit allen Mitteln, die die kreative Medientechnik uns bietet. Dadurch, dass wir eine eigene Medienagentur haben und über sämtliche Mittel, wie Videokamera, Fotokamera, Computer- und Grafiktechnik zu verfügen haben, um unsere Projekte zu visualisieren. Wir drehen unsere eigenen Videos, machen unsere eigenen Fotos und entwerfen unsere eigenen Designs. Diese Mittel können wir auch für StyleIslam nutzen.

NUN: Arbeitest Du alleine oder in einem Team?

StyleIslam: Natürlich habe ich auch ein Team. Mein Team besteht aus Grafikern, Textern, Fotografen, Tontechnikern und Kameraleuten. Seit Februar 2008 gibt es auch Azubis bei StyleIslam, d.h. wir bilden auch Nachwuchs in den StyleIslam «Kreativ Studios» aus. Wir hoffen, dass wir unsere 13-jährige Erfahrung auch weitergeben können. Wir bilden ausschließlich Mädchen mit Kopftuch aus. Diese sind aktive Mitgestalter der StyleIslam-Kampagnen, -Produkte und -Projekte.

Hijab supporterNUN: Wie war die bisherige Resonanz seitens der Muslime und Nicht-Muslime?

StyleIslam: Die Reaktionen der muslimischen Community waren sehr positiv. Erst nach den ersten Reaktionen wurde uns klar, wie notwendig das Projekt StyleIslam eigentlich ist. Die muslimische Jugend in Europa schreit förmlich nach Möglichkeiten, um sich selbst in dieser Gesellschaft Ausdruck verleihen zu können. Bei den Nicht-Muslimen fielen die Reaktionen unterschiedlich aus. Es kamen Kommentare von «Das ist ja super!» bis «Wir müssen uns bei verschiedenen Organen wie Bundestag und Bundespräsident beschweren».

NUN: Wer ist die Zielgruppe von StyleIslam

StyleIslam: Es sind primär junge oder jung gebliebene Muslime, die sich auch durch Fashion ausdrücken können und diesen Bedarf haben. Sie möchten sich nicht nur verbal, sondern auch durch ihr Äußeres mitteilen. Diesen Bedarf erkennt man, wenn man mit einem StyleIslam Shirt sich in der U-Bahn oder in einem Restaurant aufhält. Nicht selten wird man direkt angesprochen wo man das Shirt kaufen kann und manchmal bekommt man sogar das Angebot, dass angezogene Shirt direkt zu verkaufen. All diese interessierten  Leute waren zwischen 15-35 Jahre.

NUN: Was möchtest Du durch Deine Produkte erreichen und vermittelt?

StyleIslam: Ich möchte, dass die Muslime einen natürlichen Umgang mit ihrer muslimischen Identität entwickeln und diese ebenfalls in die Gesellschaft tragen. Die Politiker und die Medien verlangen von uns, dass wir uns öffnen. Mit Statements, wie «MAKE ÇAY NOT WAR» oder «I LOVE MY PROPHET»; tragen wir unsere Ansicht offen und klar in die Gesellschaft. Wir sind für ein Leben miteinander, ohne dabei uns selbst leugnen zu müssen. Ich muss das Recht haben, ein stolzer Muslim sein zu können, ohne mich dafür rechtfertigen zu müssen.

JumaNUN: Was ist Deine persönliche Botschaft an die Muslime in Deutschland?

StyleIslam: Die Menschen haben Berührungsängste mit dem Islam, weil die Medien täglich für Negativschlagzeilen sorgen.  Demnach lautet meine Botschaft an die Muslime in Deutschland, wie Folgt: Lernt euch selbst kennen, indem ihr die Botschaft des letzten Propheten Muhammad (s) studiert und praktiziert. Die Produkte von StyleIslam erfüllen dabei nur eine kleine Brückenfunktion, um die Botschaft und Identität der Muslime nach Außen zu kommunizieren. Ich denke als Muslime sind wir uns darüber einig, dass gutes Benehmen und authentisches Vorleben des Islams, nicht durch Slogan T-Shirts ersetzt werden können. Die praktizierte Sunna ist letzten Endes die einzige Möglichkeit Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit für den Islam zu betreiben.