Eine kurze Einführung in die Grundlagen des Islam.

1. Das Glaubensbekenntnis (Schahâda)

Das Glaubensbekenntnis (Schahada), ist die Bezeugung, dass es keinen Gott ausser Allah und dass Muhammad der Gesandte Allahs ist. Das Bekenntnis lautet auf arabisch, der Sprache des Qur’an:

Aschhadu an la ilaha illa-llah, wa aschhadu anna Muhammadan rasulu-llah.

Dies bedeutet auf deutsch:

«Ich bezeuge, dass keinen Gott gibt ausser Allah und dass Muhammad der Gesandte Allahs ist.»

Was bedeutet nun das Glaubensbekenntnis für das tägliche Leben eines Muslims?

Die «theoretische» Seite des Satzes La ilaha illa-llah – «Es gibt kein Gott ausser Allah» – wurde bereits umrissen. Wie dargelegt, ergibt sich aus ihm als oberstes islamisches Gebot, dass Allah (t) nichts gleichgesetzt werden darf; denn dies wäre Schirk. Dieses Wort bedeutet nun keineswegs nur die Anbetung von Götzen im ursprünglichen Sinne des Wortes. Zu den Erscheinungsformen des Schirk gehören zum Beispiel auch – gerade in unserer Zeit – die an Anbetung grenzende Verehrung von Idolen, die Erhebung des Konsums zum Götzen, indem man infolge übermässigem Strebens nach materiellen Gütern Allah (t) und Seine Gebote vergisst, oder die Vergötterung anderer Menschen. Letzteres ist immer dann der Fall, wenn man – aufgrund welcher Motive auch immer – Lehren und Gesetzen von Menschen folgt, die nicht mit den göttlichen übereinstimmen. Wer die Schahada mit Überzeugung ausspricht, schliesst im Grunde genommen einen Vertrag mit Allah (t): Er verpflichtet sich, Ihm allein zu dienen, Ihm allein gehorsam zu sein und die von Ihm auferlegten Pflichten zu erfüllen, und zwar – dies beinhaltet der zweite Teil des islamischen Glaubensbekenntnis – in der Art und Weise, wie es der Prophet Muhammad, Allahs Segen und Friede auf ihm, gelehrt hat. Dafür verspricht Allah (t) ihm gewaltigen Lohn: Seine Rechtleitung im Diesseits und das Paradies im Jenseits.

Ist der Mensch tatsächlich zweifelsfrei von der Wahrheit des Satzes La ilaha illa-llah überzeugt, bestimmt dies seine gesamte Lebenseinstellung, sein Fühlen. Denken und Handeln:

  • Es gibt ihm ein Höchstmass an Selbstvertrauen und Selbstachtung. Denn er weiss, dass Allah(t) allein der Besitzer aller Macht ist und dass niemand ausser Ihm dem Menschen schaden oder nützen, für seine Bedürfnisse aufkommen oder irgendeine Art von Einfluss ausüben kann. Diese Überzeugung macht ihn unabhängig, furchtlos und gleichgültig gegenüber allen anderen Kräften als denen Allahs.
  • Zugleich mit der Selbstachtung bewirkt dieser Glaube aber auch Bescheidenheit und Demut und macht den Menschen anspruchslos und bescheiden. Denn er weiss, dass alles, was er besitzt – sei es materiell oder immateriell -, ein Geschenk Allahs ist, das Er ihm genauso wieder nehmen kann. Mit diesem Bewusstsein sind Stolz oder Überheblichkeit unvereinbar.
  • Die Überzeugung, dass materieller Besitz, Ehre, Macht, Ansehen usw. von Allah (t) verliehen werden, befreit den Menschen von Habgier,  Eifersucht und Neid. Und der Gehorsam Allah (t) gegenüber, indem er die von Allah gesteckten Grenzen einhält, bewahrt den Menschen davor zum Sklaven seiner persönlichen Neigungen, Begierden und seines Egoismus schlechthin zu werden.
  • Dieser Glaube macht den Menschen aufrichtig und rechtschaffen. Denn er weiss, dass er jede Sekunde seines Lebens unter der Aufsicht Allahs steht, dass er sich einmal vor Ihm für seine Taten verantworten muss und dass der einzige Weg zum Erfolg in der Befolgung der göttlichen Gebote liegt. Letzteres verleiht ihm grosse Entschlossenheit, Standhaftigkeit und Ausdauer, auch wenn die Schwierigkeiten, die seinem Ziel entgegenstehen, unüberwindlich erscheinen. Denn er ist sich sicher, dass Allah (t), der Herr des Universums, ihn bei Taten, die Seinem Willen entsprechen, unterstützen wird.
  • Die Überzeugung von Allahs Allmacht und unermesslicher Gnade gibt dem Menschen festes Vertrauen in Allah (t), das ihn in keiner Situation mutlos werden oder gar verzweifeln lässt. Auch unter den widrigsten Umständen gibt ihm dieses Vertrauen Trost und Hoffnung, befreit ihn von Existenz- und Zukunftsangst und erfüllt ihn mit tiefer Zufriedenheit.

2. Das Gebet (Salâh)

Das Gebet ist nach dem Glaubensbekenntnis die wichtigste Pflicht eines Muslims. Der Prophet Muhammad, Allahs Segen und Friede auf ihm, hat gesagt: Das Gebet ist der tragende Pfeiler des Glaubens. Wer es verrichtet hält den Glauben aufrecht, und wer es verlässt, verlässt den Glauben.” Wesentlicher Bestandteil des Gebets ist die Rezitation der Sura Al-Fatiha, der ersten Sura des Qur’an. Sie lautet in deutscher Übersetzung:

«Im Namen Allahs, des Allerbarmers, des Barmherzigen!

Alles Lob gebührt Allah, dem Herrn der Welten, dem Allerbarmer, dem Barmherzigen, dem Herrscher am Tage des Gerichts! Dir (allein) dienen wir, und Dich (allein) bitten wir um Hilfe. Führe uns den geraden Weg, den Weg derer, denen Du Gnade erwiesen hast, nicht (den Weg) derer, die (Deinen) Zorn erregt haben, und nicht (den Weg) der Irregehenden.»

Durch das Gebet bringt der Muslim nicht nur seine Verehrung für Allah (t) zum Ausdruck, sondern auch seinen Gehorsam Ihm gegenüber, indem er damit eine ihm von Allah (t) auferlegte Pflicht erfüllt. Dabei sei ausdrücklich betont, dass Allah (t), der absolut Unabhängige, nicht im geringsten auf unsere Gebete und unseren Gehorsam angewiesen ist. Vielmehr legt es einzig und allein im ureigenen Interesse des Menschen, die ihm gebotene Chance zu nutzen und die ihm durch die göttlichen Gesetze gebotene “Richtschnur” für dieses irdische Leben zu ergreifen. So liegt auch die Bedeutung des Gebets im Nutzen für den Menschen: Er ruft sich dabei fünfmal am Tag das wichtige seines Glaubens in Erinnerung, und dies hilft ihm, niemals den Sinn und das Ziel seines Lebens aus den Augen zu verlieren. So wird das Gebet für ihn zu einer Quelle der Kraft und Zufriedenheit und zu einem Bollwerk gegen die Stürme des Alltags. Beim Gemeinschaftsgebet in der Moschee kommt in besonders eindrucksvoller Weise die Gleichheit der Betenden vor Allah (t) zum Ausdruck: Niemand nimmt aufgrund seiner sozialen Position, seiner Nationalität, seiner Hautfarbe oder aufgrund welcher Unterscheidungsmerkmale auch immer eine Sonderstellung ein. Einer der Betenden übernimmt die Aufgabe des Vorbeters (Imam), die anderen stehen in Reihen hinter ihm. Sie stehen Fuss an Fuss, Schulter an Schulter; sie verneigen sich gleichzeitig und werfen sich gleichzeitig in Anbetung nieder vor Allah (t), ihrem gemeinsamen Herrn. Wie das zuletzt Gesagte schon andeutet, gibt es im Islam keine “Priesterschaft”, kein Mönchtum, keinen Papst und keine “Kirchen-Hierarchie”. Vorbeter kann jeder erwachsene Muslim sein, der Über das nötige Wissen verfügt, um das Gebet leiten zu können.

3. Die Armensteuer (Zakât)

Jeder Muslim, dessen Vermögen ein bestimmtes Minimum übersteigt, ist verpflichtet, zumindest 2,5% seines Vermögens pro Jahr abzugeben. Diese Abgabe wird Zakat genannt und den Bedürftigen zur Verfügung gestellt oder für Zwecke verwendet, die der gesamten Gemeinschaft nützlich sind. Die Zwecke, für die Zakat-Gelder verwendet werden dürfen, sind im Qur’an genauso festgelegt.

Der materielle Nutzen dieser religiösen Pflicht für die Gemeinschaft ist offensichtlich. Darüber hinaus hat sie die Bedeutung für die Glaubenshaltung des einzelnen. Denn diese Abgabe soll einzig und allein aus Pflichtgefühl gegenüber Allah (t) gezahlt werden, nicht, um als grosszügiger Spender dazustehen, Dank zu erwarten oder gar andere in seiner Schuld zu wissen. Wie Beten und Fasten ist der Verzicht auf einen kleinen Teil seines materiellen Besitzes für den einzelnen ein Mittel zur seelischen Läuterung; denn es hilft ihm, sich von Habgier, Eigenliebe und Gewinnsucht zu befreien. Es macht ihm deutlich, dass er nicht das Recht hat, sein gesamtes Hab und Gut für die eigene Bequemlichkeit auszugeben, während andere Menschen nicht einmal über das Existenzminimum verfügen. Vielmehr haben solche Menschen einen Rechtsanspruch darauf, von ihm, dem von Allah (t) materiell Bessergestellten, unterstützt zu werden. So stärkt die Pflicht zur Vermögensabgabe das Verantwortungsgefühl, insbesondere gegenüber den hilfsbedürftigen Mitgliedern der Gemeinschaft und die Solidarität ihnen gegenüber.

4. Das Fasten (Siyâm)

Das Fasten im Monat Ramadan ist die Glaubenspflicht der Muslime.

Fasten bedeutet volle Enthaltsamkeit in Bezug auf körperliche Bedürfnisse von der Morgendämmerung bis zum Sonnenuntergang, und in dem man dies tut, bezeugt man, dass Allahs Gesetze Vorrang vor unseren Menschlichen Treiben haben. Dies – der Gehorsam Allah gegen über, indem man eine von Ihm auferlegte Pflicht erfüllt – ist der eigentliche Zweck des Fastens.

Daneben hat das Fasten vielfältigen Nutzen: U.a. lehrt es Selbstbeherrschung, befreit aus der Abhängigkeit von der Macht der Gewohnheit und lässt den Menschen stattdessen anpassungsfähig in seinen Gewohnheiten werden. Es erweckt bei denen, die gewohnt sind, in Wohlstand und Überfluss zu leben, Verständnis und Mitgefühl für jene, für die Hunger und Durst alltäglich sind. Und es lehrt den Fastenden, dass seine Kraft nicht allein von warmen Mahlzeiten abhängt, sondern auch von innerer Stärke durch Rückbesinnung auf seelische Kräfte.

Es ist Selbstverständlich, dass man sich während des Fastens bemüht, auch die anderen islamischen Normen besonders sorgfältig einzuhalten, und so lehrt das Fasten das Pflichtbewusstsein und die Geduld, die helden, auch in der übrigen Zeit des Jahres das Lebenganz auf die Unterwerfung unter den Willen Allahs auszurichten.

Nach Beendigung des Monats Ramadan feiert die islamiche Welt das Fest des Fastenbrechens (‘Idu-l-fitr).

Wer im Monat Ramadan aus bestimmten Gründen nicht fasten darf, kann die versaümten Tage später nachholen.

5. Die Pilgerfahrt (Haddsch)

Die Pilgerfahrt zur Ka’ba in Makka ist jedem Muslim zumindest einmal im Leben zur Pflicht gemacht, sofern er die finanziellen Mittel dafür aufbringen kann und die Gesundheit und die Kraft dazu hat.

Die Reise zum «Haus Allahs» und zur Stätte des Glaubensvaters Abraham darf nicht zum reinen “Höflichkeitsbesuch” degradiert werden. Deshalb ist auch die Pilgerfahrt an feste Riten und Voraussetzungen gebunden, deren Erfüllung dem  Muslim hilft, das religiöse Bewusstsein zu erreichen, das der Bedeutung dieser Reise angemessen ist.

Auf der Pilgerfahrt treffen die Muslime mit Glaubensbrüdern und -schwestern aus aller Welt zusammen und erleben das Gefühl einer internationalen Bruderschaft. Unabhängig on dem Rang, den sie in der Welt einnehmen, und on ihrer geographischen Herkunft usw. sind alle gleich bekleidet. Denn vor Allah (t) sind sie alle gleich – das einzige Unterscheidungsmerkmal für Ihn ist die Aufrichtigkeit des Herzens und die Frömmigkeit des einzelnen Menschen. Diese Erlebnisse sollten die Pilgerfahrt für den Muslim zu einem unauslöschlichen Eindruck werden lassen und ihn in seinem Glauben bestärken.

Zum Abschluss der Pilgerzeit feiern die Muslime ihr Opferfest (‘Idu-l-adha).