Wie verschiedene Medien am 14. und 15. November 2007 berichteten, stellte Orhun aber auch wachsende Tendenzen zur Ausgrenzung von Muslimen fest. Ausserdem nehme die Angst vor Muslimen in der Schweiz zu.

Es sei unmittelbar nach seinem Besuch zu früh, um sich eine abschliessende Meinung zu bilden, sagte Ömür Orhun am 14.11. 2007 vor den Medien. Orhun weilte als Vertreter des OSZE-Vorsitzes für den Kampf gegen Intoleranz und Diskriminierung von Muslimen während zweier Tage in der Schweiz, um sich ein Bild der Situation der hierzulande lebenden Muslime zu machen. Gemäss seiner ersten Einschätzung ist die Stellung der muslimischen Gemeinschaft in der Schweiz im Vergleich zu anderen Ländern zwar relativ gut, insbesondere was die Ausbildung, die Wohnsituation und den finanziellen Status betreffe. Das bedeute indessen nicht, dass alles perfekt sei. Orhun traf im Verlaufe seines Besuches unter anderem mit Vertretern der muslimischen Gemeinschaft, Vertretern kantonaler und kommunaler Behörden, Mitgliedern der eidgenössischen Räte, der Ausländer und der Antirassismuskommission sowie mit den drei Bundesräten Micheline Calmy-Rey, Pascal Couchepin und Christoph Blocher zusammen.

Zunehmend ungünstige Atmosphäre

Insgesamt seien ihm wenig Klagen wegen Diskriminierungen oder Verfolgungen zu Ohren gekommen. Allerdings stelle er fest, dass es in der Schweizer Bevölkerung angesichts der wachsenden Gemeinschaft der Muslime grosse Besorgnis und Befürchtungen gebe, die zu einer Entfremdung führten. Muslime fühlten sich deshalb teilweise auch in der Schweiz als Randständige und nicht willkommen. Sie erwarteten, von der Gesellschaft angenommen zu werden, was sich auch in spezifischen Forderungen, etwa nach eigenen Gebetshäusern oder Bestattungsorten, äussere. Gemäss Beobachtung von OSZE-Botschafter Orhun würden auch gewisse Gesetze, die zwar nicht ausdrücklich, aber faktisch häufig Muslime beträfen, als diskriminatorisch wahrgenommen. Orhun nannte als Beispiel die neue Ausländergesetzgebung. Er stelle als Beobachter vor diesem Hintergrund eine «ungünstige Atmosphäre» fest, die auch dem Ruf des Landes schaden könne.


Kritik an Minarett-Initiative

 
In diesem Zusammenhang kritisierte Orhun die rechtsbürgerliche Volksinitiative «gegen den Bau von Minaretten» und forderte, den Bau von Moscheen nicht zu verhindern. Minarette seien dabei Bestandteile von Moscheen, so wie die Kirchtürme zu Kirchen gehörten. Er warnte davor, Moscheen in den Untergrund zu vertreiben, wo sie zu einer Blackbox würden. Moscheen müssten sichtbar und offen sein, sagte er. Die Ausbildung von Imamen in der Schweiz sei zu begrüssen, sofern sie sich auf die Sprache und das politische System beschränke. Die religiöse Bildung habe dagegen durch «die Quelle» zu erfolgen. Orhun will seine Beobachtungen bis spätestens Ende Januar in einem Bericht zuhanden des Vorsitzes der OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) zusammenfassen. Die Schweiz ist das zehnte Land, das Orhun in dieser Sache besucht hat. Über die Publikation des Berichtes muss die Schweiz entscheiden.

Quelle: NZZ