Wie verschiedene Medien am 5. März 3008 berichtete, darf das Tragen des Kopftuches laut Bundesgericht kein Grund zur Verweigerung der Einbürgerung sein. Es hat mit zwei Grundsatzurteilen die Beschwerden einer Türkin und eines Bosniers aus den Aargauer Gemeinden Buchs und Birr gutgeheissen.

Der Einwohnerrat von Buchs AG hatte einer Türkin die Einbürgerung 2007 verweigert (wir berichteten). Als Grund wurde angeführt, dass sie mit dem Tragen des Kopftuchs als religiöses Bekenntnis eine fundamentalistische Glaubensrichtung bezeuge. Kopftuch oder Schleier seien ein sichtbares Zeichen der Unterwerfung der Frau unter den Mann.

Widerspruch zur Verfassung

Damit werde eine Ungleichbehandlung der Frau allein aufgrund ihres Geschlechts demonstriert, was der verfassungsmässig garantierten Gleichberechtigung widerspreche. Die Integration der Gesuchstellerin müsse damit verneint werden. Ähnlich wurde in Birr die Nicht-Einbürgerung eines bosnischen Ehepaares begründet.

Das Bundesgericht hat die Beschwerde der Frau aus Buchs und des Ehemannes aus Birr nun gutgeheissen. Die Nichteinbürgerung seiner Gattin ist laut den Lausanner Richtern indessen nicht zu beanstanden, da ihr Gesuch zusätzlich wegen mangelnden Sprach- und Staatskundekenntnissen abgelehnt worden war.

Diskriminierungsverbot verletzt

Laut den Entscheiden aus Lausanne wird das Diskrimierungsverbot verletzt, wenn die Einbürgerung eines Ehepaares oder einer Einzelperson einzig mit der Begründung verweigert wird, dass die Frau ein Kopftuch trägt. Die Ungleichbehandlung lasse sich durch keine qualifizierten und objektiven Kriterien rechtfertigen.

Das Kopftuchtragen als religiöses Bekenntnis sei grundsätzlich von der Glaubens- und Gewissensfreiheit geschützt. Dabei könne nicht mit Grund gesagt werden, dass das Kopftuch in allgemein erkennbarer Weise eine Unterwerfung der Frau und damit mangelnden Respekt vor der Bundesverfassung zum Ausdruck bringe.

Eigenständiger Entschluss der Frau

Die Befolgung der aus dem Koran abgeleiteten Übung könne auch auf einem eigenständigen Entschluss der Frau beruhen, die damit einfach ihren Glauben manifestieren wolle. Das blosse Tragen des Kopftuches sei damit in der Regel wenig aussagekräftig.

Dass die Frau ein Kopftuch trage, könne allenfalls dann mitberücksichtigt werden, wenn auf der Grundlage weiterer Umstände eine Haltung zum Ausdruck komme, die grundlegenden schweizerischen Wertvorstellungen zu Rechtsstaat und Demokratie widerspreche. Solches sei hier aber weder behauptet noch nachgewiesen worden.

Siehe auch: Bundesgerichtsurteile 1D–11/2007 und 1D–12/2007 vom 27.2.2008