Im Oltner Tagblatt vom 19. Mai 2010 bringt Thomas Markus Meier aus Obergösgen interessante Gedanken zur aktuellen Diskussion rund um das geforderte Burkaverbot zu Papier:

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Während eines ganzjährigen Aufenthalts im Nahen Osten habe ich weniger Burkas gesehen, als in den letzten vierzehn Tagen in der Schweiz! Allerdings: Die hiesigen Burkas waren alle auf Zeitungspapier gedruckt. Mich ärgern zwar manche zur Schau getragenen Kleider ebenfalls, aber noch mehr ärgert die hochgeschaukelte Debatte. Abgesehen davon: Zu wenig Stoff gäbe wohl fast öfter ein anstössiges Bild …
Aber das sollen doch die Frauen selber entscheiden. Amnesty International bringt es auf den Punkt: Niemand soll Frauen vorschreiben, wie sie sich zu kleiden haben. Weder religiöse Führer, aber auch nicht Politiker. Der Staat hat dafür zu schauen, dass niemand unter Zwang gesetzt wird. Aber nun selber unter umgekehrten Zeichen Zwang auszuüben, ist ebenfalls subtil diskriminierend, bemäntelt als frauenfreundlich – meist von solchen, die sonst nicht eben als Frauenförderer glänzen.

Nein, was am allermeisten ärgert, ist der ständige Rekurs auf «christliche Werte». Was soll daran christlich sein, wenn Andersgläubige stigmatisiert und in die Enge getrieben werden? Was soll daran christlich sein, von allen eine Assimilation zu fordern, eine uneingeschränkte Anpassung an diese Welt? Wo doch das Evangelium sagt, Christen seien nicht von dieser Welt? Nein, es geht beim ständigen Verweis auf «christliche Werte» mitnichten ums Christentum. Und viele, die vordergründig Integration einfordern, verwechseln eine solche mit Assimilation.

Religiöse Extermisten hat es immer gegeben, hüben und drüben. Aber die Konzentration auf die Extreme gibt denen ein Gewicht, die es nicht verdienen, und schwächt die Moderaten. Skandalisierung verkauft sich halt allemal besser, als unaufgeregtes Masshalten. Nur ein Beispiel aus der Medienwelt: Im Streit um Kruzifixe in Wohlener Schulhäusern waren immer nur unbestrittene Kreuze abgebildet. Wahrscheinlich hängen in den allerwenigsten Schulhäusern hierzulande überhaupt Kruzifixe. Wir alle kennen uns mittlerweile bestens aus über den Unterschied zwischen Burka , Nikab, Hidschab, Tschador, haben aber keinen blassen Schimmer, wie sich ein Kreuz vom Kruzifix unterscheidet.

Diese «Islamisierung» macht mir Angst: Dass der Islam zum willkommenen Medienhype und Wahlkampfinstrument wird. Dass im Radio ein Herr Schlüer mit Koranversen um sich wirft, zusammenhanglos aus dem Kontext gerissen, aber kein einziges Bibelzitat kennt … Diese «Islamisierung» ärgert: Alle reden über den Islam und beschwören Christliches. Aber kaum wer redet mit Muslimen, oder versucht, christlich zu leben.


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Gerade der letzte Abschnitt sollte vielen Christen in der Schweiz doch gehörig zu denken geben.

Am 19. Mai 2010 hat Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf hat zum dritten Mal seit der Minarettabstimmung Vertreter muslimischer Organisationen zum Gespräch getroffen. Wie die NZZ in ihrer Ausgabe vom 20. Mai 2010 schrieb, sagte der Vizedirektor des Bundesamts für Migration, Mario Gattiker, auf Anfrage, dasses darum ging, für den weiteren Dialog Fragestellungen zu sammeln und Schwerpunkte zu setzen.


Das nächste Treffen soll am 30. Juni 2010 stattfinden. Im November sollen dann konkrete Antworten auf die aufgeworfenen Fragen diskutiert werden. Ob bei diesen hochoffiziellen Treffen auch Gedanken wie die oben Aufgeführten Platz haben?