Die Zeitung Sonntag AZ berichtet in ihrer Ausgabe vom 28. Juni 2009 unter dem Titel «Integration und nicht Assimilation» darüber.

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Rote Ballons, mal mit türkischem Halbmond, mal mit aufgedrucktem Schweizer Kreuz, wiesen Besuchern den Weg an die Industriestrasse 2, wo sich die Heimstätte des Türkisch-kulturellen Vereins (TkV) befindet und wo gestern Samstag eine – wie sich herausstellen sollte – fröhliche, farbige und friedliche Feier für rund 300 Gäste (die Organisatoren sprachen von mehr als 500) über die Bühne ging. Grund dafür: In Wangen wurde jenes Bauvorhaben des TkV eingeweiht, welches im Vorfeld seiner Entstehung und auch danach teilweise heftig umstritten blieb: das «Minare sembul», wie in der seinerzeitigen Bauausschreibung zu lesen war; das symbolische Minarett.

Zu erkennen war von dieser alten Kontroverse nichts an diesem Samstag. Ahnen dagegen konnte man die neue. Umstritten nämlich ist und bleibt die gehisste Vereinsfahne, welche einen heulenden Wolf zeigt und die damit an die Symbolik der «Grauen Wölfe» erinnert, jener nationalistischen und extremistischen Partei, die 1961 durch Alparslan Türkes gegründet wurde. Nur wenige aus der geladenen Politikergilde oder Bewohner der Standortgemeinde Wangen waren dabei. «Wir haben an die 50 Entschuldigungen bekommen», so Mustafa Karahan, Präsident der TkV. In seiner Ansprache hatte er Selbstverständnis und Zweck des Vereins klar umschrieben. Man arbeite für die Integration (Eingliederung in ein grösseres Ganzes) der Landsleute, nicht für deren Assimilation (Ähnlichmachung). Eine Differenzierung, die so noch nie zum Ausdruck gekommen war.

Immerhin: Es gab sie doch, die hiesigen Politikerinnen und Politiker, welche der Feier beiwohnten und davon begeistert und beeindruckt waren: Die frisch gebackenen Kantonsräte Markus Flury (Grünliberale) etwa und Kollege Daniel Mackuth (CVP) oder Wangens Gemeinderätin Marlene Grieder. Sie alle konnten an der umstrittenen Fahne nichts Anrüchiges finden und hätten sich gewünscht, mehr offizielle Vertreterinnen und Vertreter aus der Politik anwesend zu sehen. Ob nun in Sachen Minarett Ruhe einkehren würde, vermochte aber niemand zu prognostizieren.

Als Ouvertüre zu den Feierlichkeiten waren beide Nationalhymnen abgespielt worden. Die ganze Festgemeinde hatte sich dazu erhoben. Überhaupt war der TkV explizit zu zeigen bemüht, in beiden Kulturen Anlehnung zu finden oder beheimatet zu sein. Die Reden Karahans und der Politiker wurden mit grosser Selbstverständlichkeit stets übersetzt und öfters gabs Applaus nach Mundartpassagen, so dass spürbar wurde: Hier versteht man auch Mundart. Ans Mikrofon traten neben Semsullah Ulusal vom türkischen Konsulat auch Mustafa Atici, SP-Grossrat aus Basel-Stadt, Stefan Moll als Pfarrer der evangelisch-methodistischen Kirche Zofingen und Burak Akyol, FdP-Vertreter und Mitglied des Aargauischen Jugendparlamentes. Letzterer forderte etwa zweisprachige Imame beim Gebet, Moll seinerseits sprach sich für Religionsfreiheit hierzulande und überall aus.

Nach einem Umzug, welcher von einer Mehter (gängiger osmanischer Name für Musikkapellen in traditioneller Kleidung) angeführt wurde, und Volkstänzen vor dem Vereinsheim vollzog Imam Yaman Orhan mit einer Koran-Vorlesung die Einweihung des. Derweil wurde eine Hundertschaft rot-weisser Ballone mit aufgedrucktem Halbmond und Schweizer Kreuz in den Himmel geschickt. Eine fröhlich-entspannte Feier fand so ihren eigentlichen Höhepunkt, dem ein Apéro mit türkischen Spezialitäten folgte. Zufrieden mit dem Verlauf der Einweihung zeigte sich auch Mustafa Karahan. Neben den Entschuldigungen habe er auch viele Gratulationen und Glückwünsche entgegennehmen dürfen, meinte er zum Schluss.

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