Gemäss einem Bericht der Berner Rundschau vom 6. September 2007 bleibt der Bau von Minaretten im Kanton Bern erlaubt: Der SVP-Forderung für ein Bauverbot hat der Grosse Rat wie erwartet eine klare Absage erteilt. Alle Parteien ausser SVP und EDU lehnten ein Verbot ab. Das Verbot wollte der Stadtberner SVP-Grossrat Thomas Fuchs mit einer Änderung des kantonalen Baugesetzes erreichen.


Minarette gälten als Symbol der Eroberung und verkörperten den Anspruch, die einzig wahre Religion zu sein, begründet er die Forderung. Bereits im Vorfeld hatte die Regierung dem Anliegen eine Absage erteilt. Es verletze die Glaubens- und Kultusfreiheit, die den Staat zu religiöser Neutralität verpflichte. Auch die Rechtsgleichheit werde verletzt.

«Siegeszeichen» der Muslime


Die Ausübung des Glaubens werde nicht tangiert, immerhin gebe es schweizweit mehr als 200 Moscheen, diese würden nicht verboten, konterte Fuchs im Rat. Es gehe darum, die Ausbreitung eines «Siegeszeichens» zu verbieten, das den religiösen Frieden in der Schweiz gefährde. Werde kein Riegel geschoben, werde bald auch der Ruf des Muezzin erschallen. Diesen Anspruch hätten die Muslime in Deutschland mit Verweis auf die Grundrechte bereits durchgesetzt.

«Motivation für Extremisten»


SVP-Sprecher Hans-Ulrich Gränicher, Bern, forderte ein Zeichen gegen falsch verstandene Toleranz: «Wir wollen in einer christlich-abendländischen Gesellschaft leben.» Selbst liberale Muslime seien gegen den Bau von Minaretten. Ohne Verbot drohten im Kanton Bern Kontroversen wie in Köln, wo heute um den Bau eines 50 Meter hohen Minaretts gestritten werde, sagte EDU-Sprecher Alfred Schneiter (Thierachern). Dass Minarette Macht und Eroberung manifestierten, könne «nicht wegdiskutiert werden». Sie motivierten damit auch den islamischen Extremismus. Die Grundrechte seien auf Grundlage der christlich- abendländischen Kultur gewachsen «und diese Kultur wollen wir nicht verleugnen».

«Harmlose Mitglieder»


Ein Verbot stelle eines der wichtigsten Schweizer Grundrechte in Frage, sagte SP-Sprecherin Nadine Masshardt (Langenthal). Es schüre Angst, missachte die humanistische, aufgeklärte und freiheitliche Tradition der Schweiz und gefährde das friedliche Zusammenleben. Von den über 300 000 Schweizer Muslimen seien die meisten «harmlose Mitglieder ihrer Glaubensgemeinschaft». Um Fundamentalismus zu bekämpfen, dürfe nicht eine Religionsgemeinschaft ihrer Rechte beraubt werden.

Das Verbot trete das Recht mit Füssen und sei damit «höchst unpatriotisch», befand Anna Coninx (Grüne/Bern). Es führe zu einer Desintegration oder gar einer  Radikalisierung der Muslime. Auch Christian Vaquin (CVP/Moutier) mahnte, ein Verbot gefährde die nationale Sicherheit. Möglicherweise seien gar wirtschaftliche Sanktionen zu erwarten.

FDP: «Problem besteht»


Die Freisinnigen wollten «das Problem der Islamisierung nicht unter den Tisch wischen», sagte Hubert Klopfenstein (Biel). Ein Verbot bringe aber nichts, und widerspreche dem «urfreisinnigen Anliegen», gegen eine Verbotsgesellschaft anzukämpfen. Die öffentliche Sicherheit sei durch Minarette nicht gefährdet. Klopfenstein wies auch darauf hin, dass die Gemeinden über die Zonenpläne «zum Beispiel die Gebäudehöhe» steuern könnten. Auch EVP-Sprecher Markus Grossen (Reichenbach) wies auf den Handlungsspielraum der Gemeinden hin. Ein generelles Verbot lehne die EVP wegen der Religionsfreiheit ab. Die Muslime müssten auf die Schweizer Grundwerte verpflichtet und integriert werden. Tendenzen zu einer islamistischen Unterwanderung in Europa seien unverkennbar, es drohe die Installation der Scharia «mit Steinigung bei Ehebruch und Handabschlagen bei Diebstahl» sagte dagegen Marc Jost (EVP/Thun). Trotzdem enthalte er sich der Stimme, weil ein Verbot diese Tendenz nicht verhindere und das Augenmerk der Islamisten auf die Schweiz lenke.

«Krankes Islam-Bild»


Die engagierte Diskussion verlief teilweise emotional. Henri Huber (SP/Köniz) befand, das Islam-Bild der SVP sei «krank», Vorstösser Fuchs sprach von einem «rot-grünen Brett vor dem Kopf». «Wir haben einen Rechtsstaat, eine Verfassung und Menschenrechte», sagte Baudirektorin Barbara Egger (SP). «Anders als Exekutivpolitiker auf anderer Ebene» respektiere die Kantonsregierung dieses System. Der Rat lehnte ein Verbot mit 89 gegen 42 Stimmen ab.

Auch in anderen Kantonen chancenlos


Auch in anderen Kantonen hat die SVP ein Minarettverbot durchzusetzen versucht – bisher erfolglos. Der Solothurner Kantonsrat hatte im Juni 2006 einen SVP-Vorstoss für ein Bauverbot abgelehnt, der Berner Stadtrat verwarf vor wenigen Wochen einen entsprechenden EDU-Vorstoss. Der St. Galler Kantonsrat sprach sich 2006 gegen obligatorische Volksabstimmungen zur Bewilligung von Minarettbauten aus. Der Zürcher Kantonsrat entschied vor einem Jahr, ein Bauverbot für Minarette zumindest zu prüfen. Im vergangenen Frühling schickte es der Zürcher Kantonsrat klar bachab.

Offen ist noch ein Vorstoss im Tessin. Das Minarettverbot fordern in einer gemeinsamen Motion drei Grossräte von Lega, FDP und CVP. Auf eidgenössischer Ebene hatten Vertreter von SVP und EDU Anfang Mai eine Volksinitiative zum Verbot von Minaretten lanciert. Mit der Initiative soll dem «politisch-religiösen Machtanspruch» des Islam entgegengetreten werden. Die Unterschriftensammlung läuft bis am 1. November 2008.